Veröffentlicht: 12:18, 30. März 2015 (CET) |
Ankara (Türkei), 30.03.2015 – Am 27. Mai 1915 - also vor fast 100 Jahren - erging der offizielle Befehl zur Deportation der Armenier. Es war ein Markstein in der Geschichte: Der erste Völkermord im 20. Jahrhundert. Erste Drangsalierungen begannen jedoch schon vorher. Die Wochenzeitung Jüdische Allgemeine betont, dass auch Deutschland daran eine Mitverantwortung trage. So seien Berichte der deutschen Konsularbeamten aus Konstantinopel vor der Drucklegung manipuliert worden. Das in der Berichterstattung verwendete Bild stammt aber wahrscheinlich schon aus dem Jahre 1899, als es erste Fluchtbewegungen in der Folgezeit der Massaker von 1894–1896 gab.
Nach den Griechen waren Armenier die zweitgrößte christliche Minderheit im damaligen Osmanischen Reich. Wachsender Nationalismus verstärkte Ende des 19. Jahhrunderts auch die Spannungen zwischen Armeniern und Kurden, wobei schließlich türkische Regierungstruppen eingriffen und hauptsächlich Armenier zu den Opfern gehörten. Von türkischer Seite wird das Vorgehen gegen die armenische Minderheit bis auf den heutige Tag immer wieder damit gerechtfertigt, dass es darum gegangen sei, aufständische und kriminelle bzw. terroristische Bestrebungen zu bekämpfen und die Sicherheit im Land zu wahren. Einige Stimmen bestreiten gar die kulturelle, religiöse oder ethnische Identität der Armenier.
1913 kam mit einem Staatsstreich eine diktatorische Regierung in der Türkei an die Macht. Im Ersten Weltkrieg war die Türkei Verbündeter des Deutschen Reiches. Gemeinsamer Hauptgegner war Russland. Einige Armenier unterstützten die russische Armee, armenische Freiwillige kämpften auf russischer Seite. Zunächst entwaffnete die türkische Regierung die armenischen Soldaten, ließ sie hinrichten oder zu Zwangarbeit verurteilen. Es folgten im Februar und April die ersten Deportationen in Anatolien. Schließlich kam es zu einem Aufstand in der Provinz Van, wo die Bevölkerung bis 1914 mehrheitlich aus Armeniern bestanden hatte.
1916 erschienen die ersten Berichte von Johannes Lepsius über die Lage des Armenischen Volkes in der Türkei. Heutige Forscher schätzen, dass nur ein Drittel der Armenier die Deportationen überlebten. Parallel dazu betrieben türkische Behörden eine Zwangsislamisierung. Die deutsche Regierung hielt sich mit Kritik zurück, um den Bündnispartner nicht zu vergraulen. Der Großwesir des Osmanischen Reiches gestand die Verbrechen am 11. Juni 1919 öffentlich ein. Die Gründung der Armenischen Sozialistischen Sowjetrepublik im Jahre 1920 war ein erster Schritt für das armenische Volk auf dem Weg in die Unabhängigkeit. Durch den Zweiten Weltkrieg 1939-1945 und den anschließenden Kalten Krieg gab es für die Armenier kaum Möglichkeiten, ihrem Anliegen international Geltung zu verschaffen. Noch heute müssen innertürkische Kritiker der offiziellen Sichtweise mit juristischer Verfolgung rechnen. Als Frankreich und die USA den Völkermord an den Armeniern ausdrücklich als solchen bezeichneten, kam es zu diplomatischen Auseinandersetzungen. Im Februar diesen Jahres hat schließlich der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan angekündigt, er wolle die Ereignisse von 1915 wissenschaftlich untersuchen lassen.
Verstimmung der Türkei über Völkermord-Resolution des US-Kongresses (05.03.2010)
Quellen
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